Monat: Juli 2013

Über die Alternativlosigkeit der Alternative Berlins!

Gepostet am Aktualisiert am

Bild

„Hurra wir sind die Subkultur!“, schreien manche Berliner. Die ganze Welt kommt nach Berlin, die ganze Welt ist in Berlin. Wir sind etwas besonderes. Wir sind alle Künstler und Literaten, wir sind Philosophen, wir sind das, was es in Paris und London nicht mehr gibt: Die Alternative. Wir laufen nicht mit der Masse, wir ziehen uns ganz anders an, hören andere Musik, wir sind arm aber sexy und das ist gut so.

Und wie wir das alles erreicht haben? Genau, wir haben die sogenannten Immigranten, meist türkischstämmige in Kreuzberg und arabisch-stämmige in Neukölln, politisch korrekt weggejagt, damit wir Platz hatten für uns, unsere Bedürfnisse, unsere Bioläden, unsere Workshops, unsere Vernissagen und unsere teuren Wohnungen, die uns Papa und Mama aus Westdeutschland oder aus Paris und London finanzieren. Manchmal leben wir aber auch in Wohngemeinschaften. Dort wo früher eine arme türkische Familie gelebt hat, leben wir gemeinsam in einer Wohnung. Zu dritt, zu viert usw. Das ist total cool! Wir machen immer Partys, kiffen uns kaputt, ziehen uns die Birne mit Koks zu und unterhalten uns über Politik, Kunst und Kultur.

Wir haben viele Ideen! Unsere Gehirne sind nach dem Konsum der billigen Drogen und des billigen Alkohols endlich wieder offen und kreativ. Wir reden zum Beispiel darüber wie wir die Welt verbessern können, indem wir die Eröffnung von Bio- Läden in unserem Kiez unterstützen und denjenigen verachten, der bei Aldi und Lidl einkauft. Wie? Sie können es sich nicht leisten? Sie lügen! Jeder kann sich in Deutschland Bioprodukte leisten! Ein Apfel pro Tag, zum Beispiel, für einen Sozialhilfeempfänger! Das ist gut, gesund, es unterstützt die Umwelt und man nimmt dabei ab.

Übrigens mögen wir es auch überhaupt nicht, wenn neue Leute in unseren Kiez ziehen. Wir leben zwar selbst seit Zwei Jahren oder weniger hier aber bei uns setzen wir andere Beurteilungsmaßstäbe. Deswegen fragen wir jeden, den wir in unseren coolen Bars, Restaurants und Wein- und Bioläden treffen, seit wann er hier bei uns eigentlich lebt!

Wir sind Künstler und Intellektuelle. Wir schreiben seit Zehn Jahren unsere Doktorarbeiten und eigentlich sind wir auch arm! Es ist einfach cool in einem dreckigen Viertel zu leben. Armut ist so was von IN gerade. Es ist Mode arm zu sein. Wir kaufen unsere Klamotten bei Humana und Kiloshops, je bunter und hässlicher desto cooler. Oder wir kaufen Clubmate und Bier für einen Euro. Das ist so geil. Berlin ist voll billig Ey! Noch geiler ist, auf der Straße gegenüber SO36 zu sitzen und zu trinken, selbstgedrehte Zigaretten zu rauchen und mit unseren kunterbunten Klamotten (frisch von Humana) anzugeben. So fühlen wir uns dann nicht so armselig allein, weil wir den Rest der Zeit ganz kleine Egomanen, Autisten und fanatische Individualisten sind, die verzweifelt versuchen aus der Masse heraus zu treten und der oder die Besondere zu sein. Zurück zur Oranienstraße. Dort ist so viel Kultur. Irgendwelche Leute spielen voll die „alternativen“ Platten. Richtig geile Musik. Aber die Türken, die in ihren Proll- Mercedes sitzen und mit orientalischer Musik durch die Gegend fahren, nerven total! Voll Asi! Sollen sie doch bei sich so was hören!

Wie auch immer, auf jeden Fall ist Armut voll Geil! Dass auf der Welt und in Berlin die Echte Armut existiert, das interessiert uns nicht. Ist doch mal was kreatives, künstlerisches und alternatives, die Armut zu verharmlosen! Beispielsweise haben wir alle möglichen Apple-Produkte. Das ist auch alternativ. Nun ja! Die Alternative zu Microsoft und Android. Wir sind nun mal was besonders und was besonders zu sein kostet halt Geld! Na und? So tun wir wenigstens etwas für die Wirtschaft, sogar etwas gutes! Zum Beispiel haben die chinesischen und taiwanesischen Arbeiter von Faxconn (die Firma, die Apple Produkte herstellt) auch dadurch Arbeit und können ihren Kindern etwas zu Essen kaufen. Wir sind total gegen das System und indem wir nur die “Alternative“ unterstützen, haben wir mit dem System nichts mehr zu tun! Wir machen nur diejenigen viel Reicher, die hinter der Alternative stecken.

Des Weiteren, tun wir etwas gegen die Armut, indem wir nicht unsere leergetrunkenen Bierflaschen in die Tonne schmeißen, sondern diese einfach neben die Mülltonne stellen, damit die armen Flaschensammler, die Brot und Wasser damit verdienen, ohne in die Mülltonne zu greifen, sich eine Flasche ergattern können. So respektieren wir ihre Ehre und Würde und tasten sie nicht an! Das sind Menschenrechte. Das ist einfach human! So etwas nennt man Humanität.

Jeder von uns hat einen Ziel. Jeder hat irgendwelche Kunstprojekte, die er in naher Zukunft also irgendwann verwirklichen will. Es gibt sogar Schriftsteller / innen unter uns. Wir diskutieren immer über die Bücher, die irgendwann geschrieben und erscheinen werden. Geschäftsideen haben wir auch viele. Zum Beispiel: Einen Bio- Coffeeshop mit Internetcafé und “coole“ Musik zu bauen .Und das besondere an diesen Coffeeshop? Die Stromversorgung! Denn sie ist komplett aus erneuerbaren Energien, also Bio- Strom, und die Zertifikate, die wir von dem Bio- Stromversorger bekommen, werden wir einrahmen und an unseren Wänden hängen. Am besten hängen wir auch zwei hässliche Dinger auf, die man bei uns Kunst nennt, zum Beispiel mit Kot bemalte Herzchen mit Hundeblut darüber und blaue Farbe dazu gespritzt (alternativ halt!). Am besten melden wir es auch noch als Kunstausstellung, damit wir weniger steuern an das Finanzamt zahlen und Fördergelder vom Senat bekommen. Das ist sehr kreativ, sehr künstlerisch. Das ist Kultur. Damit wir aber überhaupt so einen Lokal bekommen, müssen wir erst unsere Nachbarn mit Migrationshintergrund, die hier ihren KIOSK haben, raus ekeln. Das dürfte aber kein Problem sein, denn das ist der Zeitgeist im Moment hier in Berlin. Der Senat und die Vermieter stehen hinter uns. Sie werden es schon richten. Ist das nicht toll? Zuerst kommen wir Künstler, Filmemacher, Fotografen und coole Leute und dann das Kapital!

Im Übrigen verachten wir die Pariser und die Londoner, weil ihre Städte total konservativ und festgefahren sind… Dort gibt es überhaupt keine Subkultur und Alternative! Und wenn jemand uns sagt, dass die wahre Subkultur und die Alternative in Wirklichkeit in Paris und London existieren, weil sie nicht Schau getragen werden, weil sie keine Touristenattraktionen sind, werden wir total wütend und belehren denjenigen, dass er dann irgendwo anders hin gehen soll, wenn es ihm nicht gefällt. Eigentlich ist derjenige voll der Rassist, weil er von „den Parisern“, „den Berlinern“und „den Londonern“ spricht. Das schürt auf jeden Fall Hass und Rassismus!

Wir sind total multikulti, solange die Menschen, mit denen wir zu tun haben, sich nicht zu stark von uns unterscheiden. Die Spanier, die Amerikaner, die Italiener, die Franzosen und vielleicht auch die Griechen! Sie alle sind eigentlich total willkommen. Mit denen kann man feiern und Kunst und Kultur machen. Man kann mit ihnen im Görlitzer Park, Bierchen trinken, kiffen, Gitarre spielen und singen ab mittags bis spät in die Nacht. Man kann mit ihnen auch gut feiern. In Berghain, in Kitty und in Butzke. Deswegen kommen sie ja auch nach Berlin und wollen so sein wie wir! Sie müssen sich aber nicht anpassen. Sie reden nur Englisch? NA UND. Das sind doch keine Ausländer!

Aber diese ganzen Araber, Türken und Iraner, ich verstehe nicht warum sie sich uns nicht anpassen und unsere Sprache lernen wollen. Das nervt einfach. Wenn es denen hier nicht gefällt, sollen sie doch wo anders hingehen oder zurück. Das ist ganz ganz schlimm. Sie sind nicht so wie wir! Wir sind wirklich multikulti. In SO36 gibt es eine Party, die Gayhane heißt. Da gingen früher orientalische Homosexuelle hin und tanzten zu ihrer Musik. Jetzt gehen wir dort auch alle hin, um sie als Exoten zu betrachten, so wie die Schimpansen im Zoo. Sieht ihr? Wir sind total tolerant! Wir sind multikulti. Sie sind diejenigen, die sich uns nicht anpassen wollen. Sie sind zwar hier in Berlin und in Kreuzberg geboren, leben seit mehreren Generationen hier, aber das ist uns egal. Sie sollten uns langsam Platz machen! Jetzt sind wir dran. Die Zeiten haben sich geändert. Jetzt wird Kunst und Kultur gemacht statt Fladenbrot und Kinder.

Wir sind Kosmopoliten und haben überall Freunde, überall in der Welt. Wir fliegen sehr oft zu ihnen, zu ihren langweiligen Städten, indenen sie wohnen, und sie kommen uns in Berlin besuchen, wo es so geil ist. So viele Partys, so viele billige Drogen und Alkohol, so viel Kunst und Kultur. Das alles ist möglich, über Easy Jet und andere Billigflieger. Wir schützen die Umwelt und jetten wie verrückt um die Welt. Ist das nicht cool? Sieht man ja nicht, wenn ein Flugzeug die Luft verpestet. Ist ja ganz oben! Das diese ganze Industrie dadurch entstanden ist, weil es solche wie uns gibt, leider interessiert das Keinen. Keiner bedankt sich bei uns.

Nun ja. Im Großen und Ganzen, so sind wir hier in Berlin. Die Subkultur, die Alternative, die ganz besonderen, extreme Individualisten und Autisten. Deswegen versteht uns bitte, wenn wir total aggressiv gegenüber Anderen sind. Wir sind sogar unter uns so. So tolerant sind wir! Wir sind geil, wir sind cool, arm, armselig, sexy, versteckt rassistisch, Bio, Ökos, und kosmopolitisch “im Rahmen!“. Wir sind Berlin.

Nur eine Fehlbildung der Natur.

Gepostet am Aktualisiert am

BildTeheran, 2012

Verdient es der Mensch, ein Tier genannt zu werden oder ist seine Spezies vergleichbar mit der einer Darmbakterie, die sich in Form eines Parasiten von den Fäkalien ernährt? Ist der Mensch an sich böse oder tut er nur Böses, weil er sich über seine eigene Existenz bewusst ist?

Man geht grundsätzlich davon aus, dass man beim Menschen zwischen Vernunft und Verstand unterscheiden kann. Ich kann mir aber vorstellen, dass auch Tiere so etwas wie einen Verstand besitzen, denn einem Hund kann man antrainieren, dass er sein Geschäft nicht zu Hause machen darf oder dass er belohnt wird, wenn er sein Pfötchen gibt. Also er hat es verstanden.

Beim Menschen spielt aber auch die Vernunft eine große Rolle. Ein Mensch weiß, dass er andere Menschen nicht töten darf. Das sagt ihm seine Vernunft. Dies würde ihm durch Religion und die Gesellschaft übermittelt. Dennoch ist es nicht auszuschließen, dass er es tut und in der Tat tut er es manchmal. Tut er dies, weil er die Freiheit hat, sich zu entscheiden?

An dieser Stelle ist es entscheidend zu klären, was Vernunft überhaupt ist. Das werden wir genauer betrachten, denn die Vernunft ist das essentiellste Charakteristikum, das den Menschen von anderen Lebewesen unterscheidet.

Rüdiger Safranski, ein Philosoph, geht von der Annahme aus, dass die Entwicklung von Vernunft beim Menschen zunächst einmal voraussetzt, dass dieser aus sich heraustreten und sich von sich selbst distanzieren kann. Der Mensch ist also in der Lage sich aus einer gewissen Distanz zu betrachten.

Ein anderes Merkmal der Vernunft ist, dass der Mensch sich langfristige Ziele setzen kann. Um diese Ziele zu erreichen, muss auch ein Wille vorhanden sein. So ist der Mensch in der Lage sein Wille zum Ausdruck zu bringen und sich zu mobilisieren, um sein Ziel zu erreichen. Ist das der Unterschied zwischen uns Menschen und dem “Tier“ und begründet dies warum der Mensch sich gegen die Natur wendet, warum der Mensch der Unruhestifter ist, warum er sich der Natur nicht fügen möchte und kann?

Der Mensch braucht die Technik um zu überleben. Unsere Sinnesorgane und Natur sind nicht genug ausgeprägt, um nackt in der Natur überleben zu können. Wir brauchen Technik, Werkzeuge und Feuer. Wir brauchen ein System zur Beschaffung von Nahrung und das soziale Miteinander. Einige der genannten Aspekte existieren auch in der Tierwelt.Vielmehr unterscheidet die Tatsache den Menschen vom Tier, dass der Mensch fähig ist sein Handeln in Form eines Konstrukts, das bereits vor der tatsächlichen Umsetzung besteht, im Voraus zu planen und zwar langfristig.

Hier tritt eine Kombination von Verstand und Vernunft zu Tage, die uns sowohl einzigartig und gleichzeitig extrem gefährlich macht. Für uns selbst und für unseren Planeten! Wir sind sogar in der Lage, aus uns selbst herauszutreten und uns von uns zu distanzieren und das “Wir – Gefühl“ zu empfinden. Wir verändern unsere Umwelt dermaßen, sei es aus Notwendigkeit zum Überleben oder aus reiner Gier, dass wir dabei Alles aufs Spiel setzen. Wir sind die Krone (höchste Form) der Schöpfung und somit das schlimmste was die Natur erschaffen konnte.

Daher stellt sich die Frage: Ist der Mensch wirklich das Produkt der Natur oder ist er eher eine Fehlentwicklung der Evolution? Denn alles was in der Natur existiert, ist auch Teil der Natur. Alles hat seinen Platz und seine Aufgabe. Alle Elemente der Natur befinden sich in einem Kreislauf und erfüllen eine bestimmte Funktion und wenn es Unstimmigkeiten gibt, kommen natürliche Regulationsmechanismen zum Einsatz, die das ganze wieder stabilisieren.

Aber was ist mit dem Menschen? Welche Aufgaben hat dieser dann zu erfüllen? Kann das sein, dass wir aus dem System heraus gefallen sind? Ist das die Strafe Gottes, weil Adam und Eva sich von der Schlange verführen ließen und sich ihres Daseins bewusst wurden? Ist das der Grund, warum wir wissen, dass wir da sind? Ist das ein Segen oder ein Fluch? Die Religion sagt uns; wir seien ein Ebenbild Gottes. Wir können aber kein Ebenbild Gottes sein, weil wir uns von unseren tierischen Eigenschaften also von der Natur nicht trennen können und dürfen. Wir befinden uns in einem fatalen moralischen Dilemma. Wir sind zwar aus der Natur herausgerissen, leben aber dennoch mit und in dieser Natur. Wir wissen nicht wohin mit uns. Daher das Böse und das Sadistische in uns! Wir wollen alles zerstören, was diese Natur uns bietet um uns zu befreien. Und wir wollen aber auch das Göttliche zerstören, indem wir uns selbst zerstören werden.

Um eine Harmonie zwischen diesen beiden Naturen herzustellen und sie in uns zu vereinen, bedürfen wir einer geistigen und intellektuellen Revolution. Wir sollten Methoden entwickeln, die uns bei dem Prozess der Vereinigung und Versöhnung des Menschen mit sich selbst, also seine tierische mit seiner göttlichen Natur, behilflich sein kann.