Der türkische Komplex

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Seit Wochen hören, lesen und sehen wir, was in der Türkei oder besser gesagt hauptsächlich in Istanbul und zum Teil auch in Ankara geschieht. Wir sind alle schockiert über die Gewalt, die die türkische Polizei gegen die Demonstranten anwendet. Es werden fleißig viele zum teil schockierende Bilder und Videos über Facebook, Twitter und Youtube hoch geladen, geliket und paar Wörter als Kommentar unter dem jeweiligem Bild oder Video geschrieben. „Türkei, gib nicht auf“ oder „Türkei, wir sind bei euch“ etc.

Dass die Menschen in der Türkei sich nicht mehr alles gefallen lassen, endlich aufstehen, etwas für ihr Land tun, für die Hoffnung auf ein besseres Leben, statt nur herum zu sitzen und stolz darauf ein Türke zu sein, hat mich sehr positiv überrascht.

Die Türken sind und waren immer so sehr überzeugt von ihrem Land, dass man den Eindruck hatte endlich sei die lang ersehnte Utopie, wovon die Menschheit seit tausenden von Jahren Träumte in einem Land namens Türkei errichtet worden. Ein Land, das sich als Apostel moderner  Islam und Vorzeigeschüler für die anderen islamischen Ländern sieht. Wenn man sich ein wenig mit den türkischen Medien beschäftigt, sieht man immer wieder wie sie gerne die Türkei mit den anderen Ländern der Region vergleichen und (zum Teil zu Recht) stolz darauf sind, dass sie ´´es´´ geschafft haben. Die anderen zum beispiel: die Syrer , Iraker und Iraner sind sowieso die Barbaren, zurückgeblieben und primitiv. Die Propaganda hat solche Dimensionen, dass ein türkischer Minister, der in Teheran zu Besuch war, sich sehr überrascht zeigte, dass es in Teheran Autobahnen, Autos oder Geldautomaten gibt! Er hatte gedacht (oder besser gesagt: „gedacht bekommen!“ ), dass es so etwas nur in der Türkei gäbe!

Dass der Wirtschaftsboom in der Türkei nur durch die billige amerikanische Dollars ermöglicht wird, die das Land überfluten, weil die Amerikaner dann die Erlaubnis bekamen und immer noch bekommen, vom türkischen Boden aus den Irak anzugreifen und sich in die Region einzumischen, verschweigen diese zum größten Teil privatisierte Medien und leider wissen nicht viele Türken davon. Apropos Wirtschaftsboom! Jetzt komme ich zu dem, was mich die ganze Zeit beschäftigt hat, seit ich die Bilder von den Demonstrationen in der Türkei gesehen habe. Nach der Staatspleite im Jahre 2001 und der darauf folgender Einzug des extremen Neoliberalismus in das Land, gibt es so etwas wie ein Wirtschaftsboom in der Region. (Dass es irgendwann wieder kracht ist schon vorprogrammiert). Trotzt des Wirtschaftsbooms gibt es in der Tat dort viel Armut, extrem niedrigen Gehälter und eine hohe Arbeitslosenquote. Die offizielle Zahlen, veröffentlicht von der Regierung, sagen aus, dass es in der Türkei ca.  9,8 % Arbeitslosigkeit gäbe und jeder fünfte Bürger in Armut lebe. Ich kann mir vorstellen, dass es in einem Land, wo es keine soziale Unterstützung seitens der Regierung gibt, wo der Staat sich nicht um die ärmeren  der Gesellschaft kümmert, irgendwann starke soziale Unruhen zu erwarten sind.

Das traurige an der Geschichte ist, dass alle Medien die Revolte in der Türkei als eine Revolte gegen die islamistische Regierung  Erdogans darstellen. Natürlich ist dieser Präsident und die Methoden, wie er die Demonstrationen unterdrückt zu kritisieren. Natürlich hat man das Recht zu demonstrieren, weil der Staat, als Beispiel, das verzehr von Alkohol in die Öffentlichkeit verbieten will oder Gesetzte gegen die homosexuelle Propaganda erlässt. (Wenn man unbedingt das will). Das ganze wird so dargestellt, als revoltiere das Volk, vor allem die Jugend, gegen die Regierung,  weil sie das Land islamisieren will. Weil Erdogan aus der Türkei, so etwas wie der Iran machen will! Das ist ja so etwas von entsetzlich, das darf auf gar keinen Fall passieren. (Keiner von den Personen, die so etwas behaupten war überhaupt jemals im Iran. Woher diese Menschen so gut über den Iran Bescheid wissen, ist mir auch ein Rätsel!).

Keiner sowohl hier in Europa aber auch in der Türkei will es zu geben, dass diese Revolte gegen die Regierung erst zustande gekommen ist, weil der türkische Staat sich nicht um seine Bürger kümmert. Keiner will es hören, dass die große Firmen das Land und die Bevölkerung ausbeuten, und ausrauben. Sogar die Quellen von Euphrat und Tigris sind mittlerweile an die große westliche multinationale Unternehmen, wie Nestle Global verkauft worden. Die Strände sind verkauft worden, die Autobahnen und ganze Stadtteile von Izmir, Istanbul, Ankara, Antalya und andere Städte sind verkauft worden. Die Industrie ist verkauft worden. Billig produzierte Waren aus der Türkei findet man hier im Westen in allen möglichen Geschäften. Das ist nur Möglich, weil die arbeitende Bevölkerung dort fast nichts verdient.

Es geht nicht um Alkoholverbot und die schleichende „Iranisierung“ des Landes. Es geht darum den Menschen ihre Lebensraum zu berauben und verkaufen. Es geht darum, dass sogar die Menschen dort verkauft werden. Aber mit der Hilfe von den Medien wird in den Köpfen den Menschen eingehämmert: es gehe nur um den Kampf gegen der islamistische Regierung von Erdogan. Und Wieso? Nun, weil es um die Interesse der großen multinationale Konzerne geht, die die Türkei einfach aufgekauft haben. Die Gezi Park und ganze Stadtteile von Istanbul aufgekauft haben. Es fällt nur noch, dass sie sich, die dort lebende Menschen auch aufkaufen. Natürlich will man nicht, dass über die wahre Gründe der Unruhen in Istanbul und Ankara berichtet wird und natürlich lenkt man die Aufmerksamkeit der Menschen ab indem man einfach erzählt: „man demonstriere in der Türkei, gegen die schleichende Islamisierung des Landes.

PS: http://www.spiegel.de/wirtschaft/tuecken-des-tuerkei-booms-vertreibung-aus-dem-wirtschaftsparadies-a-787048.html

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